Veränderungen sind wie Seeigel. Man weiß, es gibt sie, aber man will nicht ungeschützt reintreten.
Oder denk an Feuerquallen, Schneelawinen, heftigen Hagelschlag oder sonstige Naturereignisse. Manche Veränderungen fühlen sich an, als gerate man in ein solches hinein - unvorbereitet und definitely not ready for this!
Genauso, wie vielleicht dich, faszinieren mich Veränderungen, aber schüchtern mich auch ein, erschrecken, beeindrucken und/oder nerven mich. Oder sie hauen mich komplett aus der Bahn. Manchmal berappel ich mich schnell und manchmal dauert es ungeheuer lang.
Wenn sich etwas tut, sich etwas verändert fühle ich mich sehr oft besonders lebendig. Auch wenn ich Andere beobachte, die etwas Neues wagen, sich was trauen, sich verändern und mutig sind, kribbelt es in mir und eine bestimmte Sehnsucht und Inspiration wird entfacht. Andererseits habe ich aber "natürlich" auch Hemmungen davor, selbst Veränderungen richtig anzustoßen. ("Natürlich", weil es in der Natur der Dinge liegt, dass uns Neues immer Unsicherheit suggeriert und daher unser natürliches Sicherheitsbedürfnis angreift.) Und dann gibt es auch noch die Art von Veränderungen, die mich erstmal auf dem falschen Fuß erwischen oder mir sogar richtig Angst machen und mich verzweifeln lassen. Das Ganze kennen wir sicherlich alle.
Warum ist das so? Warum tun wir uns mit Veränderungen so schwer? Und warum treffen wir oft nur zögerlich die Entscheidung, etwas Neues zu beginnen?
Ich habe mich in den letzten "sonderbaren" Wochen und Monaten viel beobachtet und auch mal meine richtig großen Veränderungen der letzten Jahre angeschaut. Dazu sind mir unterschiedliche Arten und Phasen von Veränderungen aufgefallen. Es macht für mich und meinen Umgang damit nämlich immer einen riesen großen Unterschied, ob ich eine Veränderung selbst initiiere - und sei sie noch so weitreichend - oder, ob sie mir aufgezwungen wird. Und ob ich sie kontrollieren und irgendwie kalkulieren kann oder nicht.
Das ist auch logisch, denn wir fühlen uns dann entweder frei und eigenmächtig oder aber abhängig oder der Sache ausgeliefert. Allerdings - und das ist die Kehrseite der Medaille - tragen wir für Selbstgemachtes auch immer selbst die volle Verantwortung und müssen vor uns selbst dafür gerade stehen…
Diese Thematik hat mich sehr gepackt, inspiriert mich und lässt mich Lisa-typisch darüber philosophieren. *lach* Außerdem befinde ich mich in einigen Lebensbereichen gerade mitten in "Zone 3" und "Phase 4" und bin damit unweigerlich und ganz persönlich drin im Thema...
Schauen wir uns diese 4 Zonen und 6 Phasen der Veränderung mal genauer an. Fühl gerne direkt in dich hinein, welche du gut kennst, welche dich besonders herausfordert und, wo du dich eventuell gerade befindest...
Die 4 Zonen
1: Die Komfortzone: >> Selbstbestimmung JA, Kontrolle JA Hier pendeln wir zwischen möglicher Langeweile und angenehmer Stabilität. Es ist alles geplant, berechenbar, vorausschaubar und das, was passiert ist nicht wirklich etwas Neues. Wir machen vielleicht mal etwas anders als gewöhnlich oder variieren hier und da. Diese Zone ist zwar super wichtig, denn physische und emotionale Sicherheit sind unsere ersten Grundbedürfnisse, inneres und äußeres Wachstum finden wir hier aber nicht. 2: Die Lernzone >> Selbstbestimmung NEIN, Kontrolle JA Hier pendeln wir zwischen möglicher Überforderung mit der Situation und Resilienz. Wir struggeln eventuell mit unseren emotionalen Reaktionen, Bewertungen, Reaktionsmustern etc. oder können das ein oder andere durch unsere gewonnen Ressourcen und Strategien abfedern. Die eigentliche Herausforderung dieser Zone ist nicht die Herausforderung selbst, sondern, wie wir mit ihr umgehen. Ein simples Beispiel könnte schlechtes Wetter sein, das uns nervt, eine Kritiksituation im Job, eine kaputte Waschmaschine oder der leichte Auffahrunfall, bei dem "nur" ein Blechschaden entsteht. Klar ist, wir suchen uns diese Situationen nicht aus und würden gerne darauf verzichten. Klar ist aber auch: Wenn wir uns im Griff haben, dann können wir sie regeln und sogar ein bisschen klüger aus der Nummer herauskommen als wir reingegangen sind. Die Frage in dieser Zone ist: Wie lange lassen wir uns von der Situation beherrschen und ab wann beherrschen wir sie (und vor allem uns)? 3: Die Explorerzone >> Selbstbestimmung JA, Kontrolle NEIN In der Explorerzone kann es (aus der eigenen Perspektive) zum Scheitern und zum Gewinnen kommen. Wir begeben uns bewusst in unbekanntes Terrain, um eine Veränderung und das, was diese mit sich bringt, heraufzubeschwören. Natürlich erhoffen und versprechen wir uns einen gewissen Fortschritt für uns, eine wertvolle Erfahrung und Wachstum. Wir nehmen aber auch das Risiko in Kauf, dass uns etwas erstmal nicht förderlich sein könnte. Die sogenannte Erstverschlimmerung, wie man es in der Naturheilkunde bezeichnen würde oder die Superkompensation im Sport. Es geht erstmal bergab mit den Ressourcen (Kraft, Nerven, Geld, Freizeit, Sicherheit oder was auch immer...), damit es dann über das Ausgangsniveau hinausschießt. In der Explorerzone ist die bewusste Entscheidung für etwas Neues und Ungewisses ausschlaggebend. Wir haben in ihr eine gewisse Frustrationstoleranz, Leistungsbereitschaft, Willenskraft und Mut. Oder wir sind zumindest bereit, diese Fähigkeiten für ein höheres Ziel auszubauen. Ein typisches Beispiel wäre hier den Job zu kündigen und in eine fremde Stadt zu ziehen oder auf Weltreise zu gehen. Wir wissen nicht wirklich, was uns erwartet, aber der "Schmerz" im Alten zu verharren ist größer. "If nothing changes, nothing changes." könnte das Motto dieser Zone sein. 4: Die Krisenzone >> Selbstbestimmung NEIN, Kontrolle NEIN In die Krisenzone begeben wir uns niemals freiwillig. Sie erschüttert uns in unseren Grundmauern und wir sind gezwungen all unsere Register zu ziehen. Und zwar auch jene, von denen wir gar nicht wussten, dass wir sie besitzen. Daher zeichnet diese Zone enorme Angst und größtes Wachstum aus. Wir wachsen in ihr über uns hinaus - ob wir wollen oder nicht. Auch hier gibt es ein körperliches Beispiel: Erst wenn wir tatsächlich um unser Leben laufen, aktiviert unser Körper all unsere Muskeln und lässt 100% der uns zur Verfügung stehenden Energie frei werden. Und das gilt für alle Lebensbereiche - körperlich wie mental. In dieser Zone wird uns all unser Fokus und unsere absolute Einsatzbereitschaft abverlangt, um sie so schnell wie möglich verlassen zu können oder ein Mindestmaß an Kontrolle und Eigenmacht zurück zu gewinnen. Ein klassisches Beispiel, das nahezu jeden von uns im Laufe unseres Lebens trifft, ist eine unerwartete Kündigung oder private Trennung. Man fühlt sich für eine bestimmte Zeit völlig hilflos, machtlos, leer, abgelehnt, in Schockstarre - und je nach Lebensumstand und äußeren und inneren Abhängigkeiten - möglicherweise zeitweise nicht handlungsfähig. Die Krux an der ganzen Sache ist: In keiner dieser Zonen sollten wir uns dauerhaft aufhalten - jedenfalls nicht ausschließlich. Es braucht wie immer eine Balance, einen goldenen Mittelweg, ein sowohl als auch.
Oft pendeln wir gedanklich und "in der Tat" zwischen machen & lassen, zwischen gehen und bleiben, zwischen soll ich oder soll ich nicht, zwischen was muss ich investieren und was bekomme ich dafür und und und. Wir sind oft hin- und hergerissen und verharren viel zu lange in der Komfortzone oder schaffen es nicht, aus den anderen Zonen immer mal wieder in ihren ruhigen Hafen zurückzukehren, um neue Energie zu tanken. Vielleicht ist das Typ-Sache?! Wahrscheinlich brauchen wir auch unterschiedlich viel Thrill und Sicherheit. Vor allem aber sind wir alle mit unterschiedlich viel Selbstbewusstsein und Ressourcen ausgestattet durch all unsere Erfahrungen, unsere Erziehung und die Vorbilder, die wir genossen haben und genießen.
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Zu allem Zonen-Gewechsel gibt es noch diese 6 Phasen, durch die wir gehen, wenn wir in einer Veränderung stecken oder ein Veränderungsbedarf besteht.
Die 6 Phasen
In der 1. Phase kann es sein, dass ein Veränderungsbedarf besteht, wir uns dessen aber entweder noch nicht bewusst oder noch im Widerstand gegen die Veränderung sind. Dies kann für Veränderungen gelten, die uns ungefragt treffen oder auch für die, die wir selbst initiieren sollten.
In Phase 2 wissen wir um den Bedarf und die Notwendigkeit oder haben sogar selbst einen Veränderungswunsch. Hier entsteht die Veränderungsbereitschaft.
In der 3. Phase startet die konkrete Vorbereitung und Planung. Diese Phase verschafft oft Erleichterung, weil etwas passiert. Wir werden erstmals aktiv - jedenfalls theoretisch. Das ist gleichzeitig auch etwas tückisch, denn diese Phase "eignet" sich leider sehr gut, um in ihr zu verharren. Jetzt ist es enorm wichtig in Phase 4 und - wie es so schön heißt - ins Handeln zu kommen!
Phase 4 ist für viele eine der Herausforderndsten, da hier Mut, Entschlossenheit und echtes Tun verlangt wird. Phase 4 ist der erste richtige Schritt raus aus der Komfortzone. Das Neue, Unbekannte, Unbehagliche ist jetzt Teil des Geschehens. Aus Phase 4 in Phase 5 zu kommen ist wichtig, um nicht aufgrund des Unbequemen und dem möglichen Gegenwind zu straucheln und wieder einen Rückzieher zu machen.
Phase 5 ist geprägt von Durchziehen, Disziplin, vom Machen und vom sich selbst und dem Neuen eine Chance geben. Hier liegen der Fokus und alle Strategien auf Geduld, Zuversicht und Durchhaltevermögen.
Sind wir in Phase 6 angekommen ist das Neue, die Veränderung, unser Standard geworden. Jetzt sind wir (selbst-) sicher und lassen keinen Zweifel und keine Versuchung mehr zu, in das alte Muster zurück zu fallen.
Wichtig: Es ist total normal und völlig in Ordnung aus jeder Phase nochmal "rauszufliegen" und eine Extrarunde zu drehen! Es kann immer passieren, dass Unvorhergesehenes unsere Bahnen kreuzt und uns irritiert oder erschüttert. Es ist nur elementar wichtig, immer einmal mehr aufzustehen als hinzufallen!
Ich glaube es ist wichtig, dass wir - wenn es um Veränderungsprozesse und Neues geht - unsere goldene Mitte finden, den für uns lebendigsten, aber gangbarsten Weg. Dass wir bereit sind, alle Zonen und Phasen zu akzeptieren und aus jeder das Wertvollste rauszuziehen, wenn es gerade sein muss. Zu wissen, wann es wertvoll und an der Zeit ist, die eigene Komfortzone zu verlassen, unsere Resilienz bewusst zu fördern, unsere emotionalen Reaktionen zu verstehen und daraus zu lernen und/oder aus einer zu lange andauernden Zone oder Phase herauszukommen, halte ich für den Schlüssel des eigenen Wachstums.
Ich wünsche dir von ganzem Herzen eine fantastische Zeit bis zur nächsten Blog-Inspiration! Lass dich zu der ein oder anderen mutigen Veränderung hinreißen, probier mal etwas Neues aus und setze dir immer wieder neue Ziele! Denn: "Du musst dein Ändern leben." (Rainer Maria Rilke)
Ganz herzliche Grüße,
deine Lisa
...hör gerne in meinen Podcast rein - da findest du weitere Impulse zu spannenden Themen rund um Selbstwirksamkeit und Selbstverständnis.
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