"Better done than perfect!" Den Kalenderspruch kennt wohl jeder. Und wie in fast allen Kalenderspruch-Angelegenheiten sind weder der Kalender noch der Spruch das Problem. Sondern, dass wir zu schnell zum nächsten umblättern (oder swipen), bevor wir ihm eine Chance geben zu wirken und ihn nur im Ansatz für bare Münze nehmen.
"Better done than perfect!" ist genauso ein Spruch, bei dem wir entweder denken: "ja ja" (augenroll) oder vielleicht sogar "ja stimmt, ist was Wahres dran" (zack umgeblättert) und wollen es trotzdem, wenn es darauf ankommt, das nächste Mal gerne wieder perfekt machen. Was gar keine so gute Idee ist oder sagen wir es so: Es ist alles andere als perfekt! ;-)
Denn das amüsante und gleichzeitig heilsame an Perfektion ist nämlich, dass selbst sie nicht perfekt ist. Und wir tun uns einen großen Gefallen, wenn wir das auch akzeptieren und viel sein wollen - nur eben nicht perfekt. Denn Perfektion hat Effekte, die uns alles andere als perfekt dastehen lassen. Hier drei Eigenschaften von ihr:
1. Perfektionismus ist unsympathisch.
(Denn sind wir mal ehrlich...) Niemand ist perfekt und unfehlbar. Und deswegen will auch niemand so wirklich viel mit vermeintlich perfekten Menschen zu tun haben. Nicht im Job, nicht in Freundschaften, nicht in der Liebe, nirgends. Perfektionismus macht eher skeptisch, irritiert, nervt, trennt oder verunsichert. Weil es eben eigentlich gar keinen gibt - nur den, nachdem wir streben. Und den, der uns als innerer Antreiber nie so richtig zufrieden, in Frieden, gelassen, genießen oder glücklich sein lässt. Denn um das alles sein zu können, müsste es ja erst der perfekte Abend, die perfekte Freundschaft, der perfekte Job, der perfekte Chef, das perfekt abgelieferte Projekt oder der perfekte Partner sein... Und soweit waren wir ja schon - Nobody's perfect! Da beißt sich die Katze also in den Schwanz - und bleibt genauso unvollkommen und leider eher unsympathisch auf der Strecke.
2. Perfektionismus bremst.
Der nächste Minus-Punkt: Wenn du etwas voranbringen möchtest, lähmt Perfektion und kostet wertvolle Zeit und weitere Ressourcen. Du kennst ganz sicher auch dieses Phänomen, wenn du schon mal an einem Fitnessziel oder an einem anspruchsvollen Projekt gearbeitet hast: Die letzten ca. 20% deines Erfolgs kosten dich ca. 80% deines gesamten Aufwandes und deiner Aufmerksamkeit. Hintenraus wird es nämlich meist zäh und der zusätzliche "Feinst-Feinschliff" und minimale Mehrwert, den du dadurch kreiert hast, rechtfertigen diese enormen Kosten in aller Regel nicht. Mit der Haltung "better done than perfect" rutscht du weder auf ein schlampiges Niveau ab, noch brichst du dir einen Zacken aus der Krone - du erreichst schlichtweg mehr, lernst vielleicht sogar zu improvisieren und "on the go" zu optimieren und wirst dadurch entsprechend flexibler, resilienter und auch kompetenter. Welches Projekt du auch angehst, beruflich oder privat - lass es nicht in Schönheit sterben!
3. Perfektionismus sabotiert.
Beziehungsweise du dich durch ihn und das ist vielleicht sogar der bedeutsamste Punkt. (Den du möglicherweise sogar abstreitest - und das ist Teil des Effekts.) Du meinst, es muss erst perfekt sein für die Anderen, für den Chef, für den Partner, für die Party, für die Hochzeit, für den einen Tag, für den Urlaub, für was auch immer, damit es Anderen gefällt, der Sache oder den Menschen gerecht wird oder sie zufrieden sind. Fakt ist, es geht dabei (vorrangig) gar nicht um die Anderen - es geht um dich! Perfektionismus ist nämlich versteckte (und Achtung) perfekt maskierte Angst vor Ablehnung und vor Bewertung. Es ist ein Schutzmechanismus, es ist Selbstsabotage. Das Verrückte ist, dass genau dieser Perfektionismus eher Ablehnung oder eine unangenehme Bewertung erzeugt und damit genau das, was unter allen Umständen vermieden werden soll. (Siehe Nr. 1) Natürlich meine ich damit nicht, dass man schlampig arbeiten oder sich keine Mühe geben soll, wenn einem etwas wichtig ist. Ich meine damit: Nimm es sportlich und mach es meisterlich, aber versuche nicht, es perfekt zu machen. Denn diese Perfektion (und Anerkennung), nach der wir streben, wird nie erreicht werden. Jedenfalls nicht in dem Ausmaß, dass sie alle möglichen Stolperstellen, Gefahrzonen, andere Geschmäcker oder Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg räumen könnte... Und in der Zwischenzeit hättest du viel von deiner Zeit, Energie und deinen Nerven sehr viel sinnvoller & produktiver einsetzen können. Für das, was dir wirklich Wertschätzung & Anerkennung bringt.
Was du, anstatt nach Perfektion zu streben, eher tun kannst:
1. Nimm dich selbst und deine "Fehler" (die keine sind) mit mehr Humor, Souveränität und Gelassenheit. #nobodyisperfetc und Humor und würdevolle (!) Selbstironie sind im Gegensatz zu Perfektionismus enorm sympathisch und machen nahbar. Menschen werden sich sehr viel wohler in deiner Umgebung fühlen und gerne Zeit mir dir verbringen - beruflich wie privat. Und das macht dich nicht schwach, sondern stark und nützt nicht nur im alltäglichen Zusammensein, sondern vor allem auch, wenn es mal was zu entscheiden und umzusetzen gilt.
2. Nutze die Innere-Regler-Technik und hole deinen Aus-Angst-vor-Ablehnung-und-Bewertung-better-safe-than-sorry-Perfektionismus um ein paar Prozentpunkte runter, sodass du gerade noch ok bist (mit deiner "Leistung") und dich gut fühlen, aber Mut zur Lücke lassen kannst. This is where the magic happens - in Form von richtig guten Projekten, inspirierenden Gesprächen, produktiver Teamarbeit, engen Freundschaften, neuen Abenteuern und sehr viel Lebensfreude!
3. Strebe anstatt nach Perfektion nach Meisterschaft. Wenn du richtig für eine Sache brennst oder einen enorm hohen Anspruch an dich und an dein Wirken hast, werde zum Meister oder zur Meisterin. Meister*innen gehen Risiken ein, lernen ständig dazu, sind diszipliniert, werden immer wieder zu Schüler*innen und nehmen Lektionen des Lebens sportlich, neugierig und offen an. Sie gehen "all in", aber sie lassen den lähmenden, eitlen Perfektionismus in der Schublade.
Erlaube dir alles sein zu wollen, nur nicht perfekt. ;-)
Herzlichst, Lisa
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